Donnerstag, November 21

Mondlandschaft am Teide

Schon immer glaubten die Menschen, das Glück wohne an weit entfernten Orten, die für die Sterblichen unerreichbar sind, am Ende der Welt. So wird im ältesten Epos der Welt erzählt, dass sich der Held Gilgamesch aufmachte, um am Rande der Welt die Blume der Unsterblichkeit zu pflücken.

Die Kanaren als „Inseln der Seligen“

Die alten Griechen preisen die Inseln, jenseits des Okeanos als den Göttergarten der Hesperiden, auf denen die goldenen Äpfel wuchsen, die vom Drachen Ladon bewacht werden, als die Inseln der Seligen, auf denen sich die Nymphen tummeln und das Glück zu Hause ist. Heute kennen wir diese Inseln unter dem Namen „Islas Canarias“.

Faszinierende Berglandschaft der kanarischen Inseln
Im Altertum kam kaum ein Schiff auf die kanarischen Inseln, die als grüner Lichtblick inmitten des weiten Ozeans für die Seefahrer wie die „Inseln der Glückseligen“ gewirkt haben, wie sie das Archipel bezeichneten.

Die Römer haben die Tradition fortgesetzt und die Inselgruppe „Fortunata insulae“ (glückliche Inseln) getauft. Im Altertum erreichte kaum ein Mensch diese Inseln, nur der mythische Held Herkules schaute einmal kurz vorbei, schlug den Drachen Ladon aufs Haupt, so dass dieser verendete, nahm die goldenen Äpfel an sich und verschwand wieder. Den Menschen damals konnte keiner den Glauben rauben, dass es hier auf Erden einen Ort der Glückseligkeit gibt. Ein schwacher Schimmer dieses Glücks taucht in den Briefen des Weltreisenden Alexander von Humboldt auf, wenn er nach der Besteigung des Teide schreibt:

„Kein Ort der Welt scheint mir geeigneter, die Schwermut zu bannen und einen schmerzlich ergriffenen Gemüte den Frieden wiederzugeben, als Teneriffa“.

Der Teide von Teneriffa
Mystisch, majestätisch dominiert der Teide die Insel.

Wenn wir heute in Deutschland in einen Flieger steigen und zu den Kanarischen Inseln, den Islas Canarias, den Hundsinseln fliegen, dann wissen wir zwar, dass wir hier keine goldenen Äpfel finden und keine Nymphen grapschen können, aber was vielleicht einige noch nicht wissen, dass es hier einen Ort gibt, der fast außerirdisch ist und der mehr dem Mond als unserem blauen Planeten gleicht. Dass dies so ist, will ich ihnen durch meine kleine Reportage dokumentieren.

Zentrum des Nordens – Puerto de la Cruz

Zu unserer „quasi Mondfahrt“ starten wir nicht von einer modernen Raketenstartbahn, sondern von der Wellen umrauschten Altstadt „Puerto de la Cruz“. Mit unserem Auto schlängeln wir uns vom Fischerhafen an pittoresken Häusern im Kolonialstil durch die Altstadt hinauf zu den Gartenanlagen und Bananenfeldern am Ende der Stadt. Wir fahren an einigen versprengten Häusern und schmucken Villen vorbei, da treffen wir schon auf die nächste Stadt, Orotava heißt das Schmuckstück.

Die bekannten Balkone in Orotava
Das bekannte „Casas de lo Balcones“ in Orotava aus dem 17. Jahrhundert.

Bezauberndes Orotava

Da das historische Zentrum für den Durchgangsverkehr gesperrt ist, erkunden wir den historischen Leckerbissen zu Fuß. Und unser Fußmarsch lohnt sich wahrlich. Beeindruckend sind vor allem die Häuser der Kolonialzeit mit den vorspringenden Holzbalkonen. Das herausragende Beispiel dieser kanarischen Architektur ist das Doppelhaus „Casas de lo Balcones“ das im 17. Jahrhundert erbaut wurde.

Von der spanischen Missionstätigkeit, die gleich nach der Unterwerfung der Ureinwohner, der Guanchen einsetzte, legt das „Convento de Santo Domingo“ ab. Bis zum Jahre 1835 war das Kloster im Besitz des Dominikanerordens. Orotavo könnte man auch die „cindad de los flores“, die Stadt der Blumen bezeichnen. Da prangen im „Jardin Victor“ auf der terrassierten Parkanlagen das Blau der Bouganvillas und das Orange der Strelitzen.

Weiterfahrt Richtung Berge

Die „Plaza de la Constitucion“ ist vom Farbenmeer der Blüten und Blumen eingerahmt. Den Höhepunkt der Blumenorgie kann man an Fronleichnam bestaunen, wenn die Stadt von Blumen- und Sandteppichen bedeckt ist. Aber schließlich wollen wir noch höher hinaus und deshalb reißen wir uns von der Blumenpracht und den Schmuckstücken des Kunsthandwerks dieses lieblichen Städtchens los und fahren wieder bergauf. In weiten Serpentinen durchqueren wir jetzt die weiten Kiefernwälder, die sich an den Berghängen hinaufziehen. Durch das geöffnete Autofenster streicht die kühlende Harzluft der Wälder.

Mondlandschaft in Teneriffa
Die karge „Mondlandschaft“ auf dem Weg zum Gipfel des Teide.

Den Sternen so nah

Mit jedem Meter, den das Auto zurücklegt, kommen wir den Gestirnen näher. Nein, aber nicht nur deswegen, weil wir uns Höhenmeter aneignen, sondern deswegen weil wir nach kurzer Fahrtstrecke auf 2390 m Höhe auf das „Observatorie des Teide“ treffen. Da hier die Luft so klar und rein ist und auch des Nachts keine störenden Lichtquellen die Betrachtung von Sonne, Mond und Sterne stören, wurde hier das größte Spiegelteleskop Europas installiert. Für interessierte Hobby-Sterngucker bietet das Observatorium nach Voranmeldung ein Programm der Himmelskunde. Die Astrophysiker, die an der Sternwarte forschen, haben sich vor allem auf die wissenschaftliche Esploration der Sonnenwinde spezialisiert.

Der Teide als Platz der Götter und Dämonen

Von der Sonne zum Mond, so könnte man den weiteren Verlauf der Reise bezeichnen. Trifft man ab und zu noch Spuren einer Vegetation, die sich im Asphaltschwarz der Lava und im Hellbraun der Bimssteine verliert, so umfängt uns nach einiger Zeit die Mondlandschaft der „Laws Conadas“. Dies ist eine Caldera mit einem Durchmesser von ca. 17 km in Hufeisenform. Entstanden ist dieses „Amphitheater“ das gefüllt ist von Steinlawinen, die in fast allen Farbformationen vertreten sind, wobei die dunkleren Töne überwiegen, durch einen gewaltigen Erdrutsch als vor ca. 180.000 Jahren der Vorgänger des heutigen Vulkans Teide, der „Pico Viejo“ der „alte Gipfel“ in einem gewaltigen Knall explodierte. Aber der Transport von Schlacke und Vulkansteinen ging noch munter weiter. 1798 spuckten die „Narices de Teide“, die „Nasenlöcher des Teide“ ein schwarzes Gesteinsmeer aus und am 18. November 1909 erfolgte der bisher letzte Vulkanausbruch.

Beiendruckende Felsformationen in Teneriffa
Die Natur als Künstler. Die bizarren Felsformationen faszinieren die Besucher.

Uns erscheint die Landschaft der Gesteinswüste fast ohne Baum, Blatt und Strauch wie ein Spektrum der Mondlandschaft. Die Ureinwohner, die den Mond nur vom Anschauen kannten, haben sich auf diese urtümliche Landschaft ihren mythischen Reim gemacht.

Für die Guanchen war der „Escheide“ der Eingang zur Hölle, wo der Dämon Guayoto wohnte, der den Sonnengott Magee eingefangen hatte. Nun war die Erde wüst und dunkel, bis der gute Gott Achaman den Dämon besiegte und den Sonnengott befreite. Den Eingang zur Höhle verstopfte der oberste Gott Achaman mit einem „Pan de Azucar“ (Zuckerbrot). Hoffen wir, dass niemals der Stöpsel wieder gelüftet wird.

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